1874 brannte eine Hafnerei neben dem heutigen Gelände Am Aichbach 48 vollständig ab und der Grund und Boden wurde anschließend verkauft. Stinglhammer Johann kaufte beide Grundstücke am Ortsausgang liegend an der kleinen Dorfstraße nach Reichersdorf und die dort umliegende Wiesen, auf dem anschließend die Stinglhammer-Mühle erbaut wurde. Später übernahmen die Geschwister Marie und Martin Stinglhammer die Landwirtschaft. Beide waren nicht verheiratet und hatten keine Kinder. So wurde das Anwesen später um 1921 an den Neffen Ritzinger Konrad übergeben.
Rund um Niederaichbach gab es unter anderem in den Ortschaften Oberaichbach (Furthmühle), Dirnau und die Bäckermühle in Niederaichbach noch Mühlen, die in Betrieb waren. Die Stinglhammer Mühle war eine sogenannte „Kundenmühle“ und keine Handelsmühle. Es wurde nur im Kundenauftrag gemahlen. Die Bauern brachten von überall her ihr Getreide, es wurde gemahlen und das fertige Mehl konnte von den Bauern wieder abgeholt werden. Vor dem Krieg kostete das Mahlen eines Zentners Korns ca. 90 Pfennige und das Mahlen des Weizens 1,10 bzw. 1,20 RM. Ein bestimmter Prozentsatz wurde wegen Verstaubung jeweils abgezogen. Brachte man 5 Zentner Getreide so wurden 4, 75 Zentner zurückgegeben.
Die Mühle musste einmal wöchentlich gefegt werden. Dies geschah jeweils Samstags. War eine Mühle defekt so gab es damals extra Mühlschreiner, die spezialisiert auf Mühlen sämtliche Holzteile ersetzen konnten.
Die Mühle war oft bis oben hin vollgestapelt mit Säcken voller Getreide und fetigen Mehls. Der Sohn des Müllers um 1935, Ritzinger Konrad Jun. musste damals oft weite Strecken mit dem Rad zurücklegen um den Bauern Bescheid zu geben, dass ihr fertiges Mehl abgeholt werden kann. Die Bauern kamen dann mit Ihren Ochsen- oder Pferdegespannen und holten die Säcke wieder ab.
Durch eine „Wiah“ eine sogenannte Wehrmauer wurde der Aichbach vor der Mühle umgeleitet und lief zum Teil – jetzt als Stinglhammerbach – links neben dem Anwesen in den Bäckermüllerbach. Dieser vereinigte sich wieder mit dem Aichbach und mündete in die Isar. War Hochwasser des Aichbachs, so konnte durch diese Wehrmauer auch ein Teil des Hochwassers damals schon umgeleitet werden.
In der Mühle wurde das ganze Jahr gemahlen und im Sommer war die Mühle teilweise Tag und Nacht in Betrieb. Der Müller schlief auch oft mit samt seinem Gewand und den Schuhen, musste er doch in der Nacht oft 2 – 3 mal aufstehen und den Inhalt der Getreidesäcke in die Mühle einschütten. An einem Tag wurden oft 8 -10 Zentner gemahlen.
Auch Sonntags wurde gemahlen. Um 6 Uhr morgens wurde aufgehört, vormittags ging man geschlossen nach der Stallarbeit in die Kirche und nachmittags konnte man bevor es wieder an die Stallarbeit ging, ins Wirtshaus gehen. Um 10 Uhr abends ging es dann weiter mit dem Mahlen. Das Wirtshaus war zur damaligen Zeit ein wichtiger Ort, wurden doch zur damaligen zeit alle Verträge, Geschäfte usw. dort abgeschlossen. Es war für jeden Bauern und Handwerker ein „Muss“ sich dort blicken zu lassen. Um 1930 gab es in Niederaichbach folgende Wirtshäuser: den Kiefel-Wirt, die Schloßschänke, den Moosmüller und in Reichersdorf den Klessinger.
Das Wasserrad an der Außenseite der Mühle hatte einen Durchmesser von 6 Meter. Über eine Holzrinne, die später durch eine Blechrinne ersetzt wurde, wurde das Bachwasser zum Antrieb von oben zugeleitet. War das Wasserrad zur Hälfte gefüllt, drückte das Gewicht des Wassers das Mühlenrad nach unten. In der Minute schaffte dieses Wasserrad etwa 3 – 4 Umdrehungen.
Das erste Mühlrad wurde ca. 1925 durch die damalige Mühlschreinerei Zeilhofer in Dingolfing gefertigt. Das zweite Mühlrad wurde durch den Betrieb Petermeier in Geisenhausen um 1950 in Auftrag gegeben.
Über eine Welle wurden diese 10 großen und kleinen Holzzahnräder der Mühle umgedreht. Beim eigentlichen Mahlgang musste das Getreide den Walzenstuhl ungefähr 3 mal durchlaufen. Durch verschiedene Sortierzylinder erhielt man feines Mehl, das durch einen feststehenden Mühlstein zum Schluss gemahlen wurde. Ebenso erhielt man Kleie (die Schale des Weizens) und das „Misch“ (Reste der Schalen, Dreck). Kleie und Misch wurden unter anderem zur Viehfütterung verwendet.
Die Mühle war bis 1960 in Betrieb. Dann wurde sie stillgelegt und das Inventar abgebaut. Die Eiche, die neben der Stinglhammer-Mühle steht ist über 150 Jahre alt. Als Ritzinger Konrad Sen. etwa ein 8 Jahre alter Junge war, konnten er und sein Freund um 1935 diesen Baum beim umarmen sich gerade noch mit den Fingerspitzen berühren.